Sonntag, 20. November 2011

Nebenhandlung

Die Wochen sind der Arbeit am Universitätsabschluss versprochen. Aber am Wochenende gehört Vati der Familie. So ist es überliefert. So richtig lassen sich solche Übertragungen heute nicht mehr vermitteln. Aber der Versuch und der Wille sind da. Und bei mir heißt die Familie immer noch Szene. Auch wenn Szene nur noch ganz abstrakt aggregiert ist. Also versuche ich mich am Wochenende an einem Zeitungsartikel fürs Skug und den Rest der Woche hänge ich rum ;-) Nee so schlimm ist´s es nicht. Ich tue etwas für beide Seiten. Bleibe aber wohl auf beiden Seiten unter meinen Möglichkeiten. Vielleicht weil es schwer ist, sich von schönen oder interessanten Gedanken, zu trennen. Der Zeitungsartikel soll(te) nicht nur einer Reflexion über eine Platte sein, sondern zudem über unterschiedliche Konzepte von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sprechen. Als eine Illustration der Gegenwart diente mir ein Werbeclip. Ich habe mich heute von dem Gedanken verabschiedet, dass da Platz wäre für mein kleines Gedankenspiel. Aber umsonst soll es auch nicht gewesen sein. Okay ratet! Genau hier kommt´s. Es darf munter kommentiert werden. Es kann aber auch die Fresse gehalten werden. Ich bin da nicht so. Mein loses Mundwerk ist übrigens eine Antwort auf den Versuch meiner gewählten Wortwahl für den Artikel. Das Forschungstagebuch hier, ist der Platz für solche Ausfälle. Remind Mr. Malinowski. Aber jetzt kommt´s wirklich!



Vor zwei oder drei Jahren gab es in Bremen diese Kinowerbung eines lokalen Stromversorgers. Ein Bürger der Bildungselite in seiner teuren und geschmackvoll eingerichteten Wohnung hört in tiefster Emphase über Kopfhörer Musik. Wenn ich mich richtig erinnere dirigierte er sogar den Takt. Die Kamera schwenkt zu einem Beistelltisch, zu sehen ist eine CD von Motörhead.
Lachen und schmunzeln bei den Zuschauern.
Das verblüffende an dieser kleinen Anekdote ist, dass der Zuschauer nicht aus Überraschung lacht (eine solche Reaktion kennen wir nicht), sondern aus Schamgefühl. Es ist wie mit Kindern denen man etwas Süßes hinlegt, in dem Wunsch es bei einer Übertretung zu ertappen – um sich anschließend als Erwachsener in entsprechend wissender Autorität zu inszenieren. In dem Moment wo das Kind erwischt wird muss es lachen, vor allem um sein eigenes Schamgefühl zu besänftigen. Es bewahrt dabei das eigene und dazu das Gesicht des Erwachsenen. So funktioniert moralische Erziehung. Es wird ein Schuldgefühl erzeugt, das über dem Schamgefühl die Hinterfragung aufgestellter Regeln deckelt.
Die Moral und Intention des Clips ist dagegen denkbar profan und brauch deswegen diese komplizierte Verschlüsselung: Denke nicht in Vorurteilen (den Kategorien der Vergangenheit). Es sind die gleichen Genüsse (Energie) die uns antreiben.

Das überraschend Neue in diesem Fall ist das zusammenbringen zweier Bilder die wir als Gegensätzlich empfinden. Diese Gegensätze dürfen aber nicht so weit auseinander liegen, dass sie assoziativ wirken. Und tatsächlich ist unser Alltagswissen gefüttert von Beispielen wo eine scheinbare oder tatsächliche Elite sich mit den Accessoires der Popkultur schmückt. Was den einen als Kulturverlust vorkommt, reicht den anderen als Integrationsangebot. Hat doch gerade die Bildung als Integrationswerkzeug sich „scheinbar“ überlebt. „Scheinbar„ deshalb, weil es trotz seines Selektionszweckes neben der Bildung keine adäquate Alternative zur Wissensaneignung gibt.
Da wo Neid und Differenz durchstrichen sind gibt es selbstverständlich auch keine Zukunft mehr.

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